Historische Satzung

Historische Satzung vom 31.3.1879

Für eine Stiftung für Kranke, Sieche und Altersschwache genannt

Möllerstift

Zum Andenken an ihren, zu einen besseren Leben entschlafenden Vater, Herrn Friedrich Möller, machen die Unterzeichneten Dr. Karl Möller und Theodor Möller zu Kupferhammer hiermit zu Gunsten des Amtes Brackwede-Isselhosrt eine Stiftung von 18.000 Mark geschrieben: Achtzehntausend Mark unter nachstehenden Bedingungen:
Das Kapital nebst aufgelaufenen Zinsen, soweit letztere nicht anderweit verwandt sind, ist in erster Linie zur Errichtung und Unterhaltung eines Krankenhauses oder seines Pflegehauses für erwerbsunfähige Sieche oder Altersschwache im Amte Brackwede bestimmt.

Solange nicht durch Anwachsen des Kapitals, durch Zins oder anderweitige Zuwendungen die Ausführung eines solchen Planes zweckmäßig erscheint, soll bis zur Errichtung einer eigenen Anstalt das Zinserträgnis des Stiftungskapitals zur Verpflegung Bedürftiger in anderen Anstalten und zar in erster Linie der Diakonissen-Anstalt zu Sandhagen verwandt werden können, dabei sollen zunächst jetzige oder vormalige Dienstboten, Arbeiter oder Angestellte der Stifter oder ihrer Vorfahren auf dem Kupferhammer, sowie deren Familienmitglieder, namentlich Witwen und Waisen derselben berücksichtigt werden.

Ebenso sollen in Zukunft angenommene Arbeiter und Angestellte der Stifter und ihrer Nachkommen  unterstützt werden. Die Unterstützungen sollen indes für die vorgedachten Personen erst dann beginnen, wenn sie aus der für dieselben bestehenden Krankenkasse (Hülfskasse) ausreichende sind nur zulässig, wenn von Seiten der Gemeinde oder von anderer Seite mindestens eins gleich hohe Beihülfe für jeden einzelnen Zuwendungsfall gewährt wird, dabei sollen indes in erster Linie Angehörige der Gemeinden Brackwede, Brock, Quelle, Senne I und II berücksichtigt werden.

§2. Es darf nur das jährliche Zinserträgnis zu vorgenanntem Zwecks verwandt werden. Sollte wider Erwarten Verlist an Kapital entstehen, so darf so lange das Kapital durch Zinsen oder anderweitigen Zuwachs nicht wieder seine ursprüngliche Höhe erreicht hat, die genannte Verwendung der Zinsen nicht stattfinden.

§3. Das Stiftungskapital ist bis zu seiner Verwendung pupillarisch sicher zinsbar anzulegen, das Zinserträgnis, soweit letzteres nicht bestimmungsgemäß verwandt ist, zum Kapital zu schlagen und von dem Amte Brackwede kostenfrei zu verwalten.
§4. Das Amt ist verpflichtet, jährlich über Einnahmen, Ausgaben und Kapitalbestand dem Kuratorium (§7) Rechnung zu legen, und der Amtsversammlung oder derjenigen kommunale Körperschaft, die bei veränderter Organisation der Behörden an deren Stell tritt, sowie den Stiftern, oder für deren Nachkommen, solange sie im Bezirk des Amtes Brackwede eingesessen sind, je einem von der Familie bestimmten Mitglieder derselben als deren Vertreter zur Kenntnis zu bringen. Die genannten Vertreter zur Kenntnis zu bringen. Die genannten Vertreter sind von den großjährigen direkten männlichen im Amtsbezirk Brackwede eingesessenen Nachkommen zu wählen, sofern der überlebende Stifter oder nach dem Ableben beider Stifter der jeweilig überlebende Vertreter der Familie nicht einen Nachfolger ernannt hat.

§5. Die Stifter oder die Vertreter von deren Nachkommen (§4) sind berechtigt zu fordern, daß eine diesem Statut entsprechende haushälterische sparsame Verwaltung und Verwendung der Stiftung stattfindet.

§6. Die Stifter oder die Vertreter von deren Nachkommen (§4) sind der für den Entwurf und die Ausführung des Baues zu bildenden Kommision beizuordnen und ist denselben bezüglich der Ausführung der für die Verwendung der Stiftung im §1 bis 3 gemachten Vorschriften ein Vetorecht einzuräumen.

§7. Es sollen für diese Stiftung die rechte einer juristischen Person mit dem Domizil im Amte Brackwede (Amtsgerichts-bzw. Landgerichtsbezirk Bielefeld) nachgesucht werde.
Zu deren Vertretung ist ein Kuratorium zu bilden, bestehend aus:
1. den Stiftern oder nach deren Ableben je einem Vertreter von deren Nachkommen (§4).
2. Einem Vertreter des Amtes Brackwede, der von der Amtsversammlung oder der an deren stelle tretenden kommunalen Körperschaft zu wählen ist.

3. Einem Vertreter der Geistlichkeit, welcher vom Prespyterium zu bezeichnen ist.
Dieses Kuratorium hat nach Bedürfnis, jedoch mindestens jährlich einmal, behufs Rcchnungsabnahme und Erteilung der Decharge zusammenzutreten.
Zu den Versammlungen ist durch den Vorsitzenden schriftlich mindestens 4 Tage vorher einzuladen. Zur Berschlußfähigkeit sind mindestens 3 Mitglieder erforderlich.
Das Kuratorium hat aus seiner Mitte einen Vorsitzenden zu wählen und über seine sitzungen Protokoll zu führen.
Die Abstimmungen geschehen nach einfacher Stimmen Mehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Auf Antrag eines Mitgliedes müssen die Abstimmungen geheim sein.
Das Kuratorium hat folgende Obliegenheiten:
1. dem Amte bzw. dem von diesem beauftragten Rendanten jährlich die Rechnung abzunehmen und die Decharge zu erteilen.
2. Die Vergebung der Beneficien dieser Stiftung.
3. Beschlussfassung über Verwendung aus den Kapitalien der Stiftung nach den Bestimmungen diese Statuts.
4. Anträge auf Statutenänderungen zu stellen und diese demnächst zur Ausführung zu bringen.
5. Seine Geschäftsordnung, soweit sie nicht statutenmäßig feststeht, sich selbst zu bestimmen.
6. Alle sonstigen rechte und Pflichten der Stiftung auszuüben, die sich aus der Vertretung derselben ergibt.
Zur Vereinfachung der Vergebung der Beneficien kann bis zu einer Verpflichtung der Stiftung von nicht über 50,-Mark für dieselbe Person während eines Rechnungsjahr das Kuratorium eines seiner Mitglieder autorisieren, doch sind solche bei der nächsten Sitzung des Kuratoriums mitzuteilen.
Bei größeren Bewilligungen kann die Genehmigung der Kuratoriumsmitglieder auch schriftlich eingeholt werden

§8. Sobald sich anderweite Zuwendungen oder durch Zinsenzuwachs das Stiftungskapital zu einer angemessenen Höhe angewachsen sein sollte und sonst ein Bedürfnis vorliegt, so kann dem in § 1 ausgesprochenen Zwecks dieser Stiftung entsprechend ihr derzeitiger Bestand zu Einrichtung und Unterhaltung einer eigenen Anstalt im Bezirke der Gemeinde Brackwede-Brock verwendet werden.
Zur Beschlussfassung hierüber ist das im §7 genannte Kuratorium noch zu erweitern durch
1. einen von den Stiftern resp. von dem Vertreter der Nachkommen oder dessen Ersatzmann (§6) zu ernennenden Arzt.
2. Durch einen weiteren zu diesem Zwecke von der Gemeindeversammlung der Gemeinde Brackwede-Brock oder der anderen stelle tretenden kommunalen Körperschaft zu wählenden Vertreter. Außerdem können die stifter oder die Vertreter von deren Nachkommen (§4) noch einen Bauverständigen in das Kuratorium ernenne.

§9 Für die Ausführung einer solchen Verwendung der Stiftung ist alsdann ein besonderes Statut von dem in §8 genannten erweiterten Kuratorium unter Beachtung der Bestimmungen dieses Statuts zu errichten und es ist zur Verwaltung der Stiftung ein Kuratorium zu bestellen, welches in der in §8 vorgeschriebenen Zusammensetzung zu bilden ist.
Sofern die Ausführung der §§8 und 9 in Verbindung mit anderweiten Stiftungen oder mit dem Amte Brackwede oder der Gemeinde Brackwede-Brock erfolgt, muß dem in §9 genannten Kuratorium eine angemessene Mitwirkung bei dem Bau und der Verwaltung gewährt werden. Änderungen dieses Statuts sind soweit sie den Sitz, den Zweck und die äußere Vertretung der Stiftung betreffen, von der landesherrlichen Genehmigung, alle anderen Änderungen von der Genehmigung des Herrn Oberpräsidenten der Provinz Westfahlen abhängig.

Kupferhammer bei Brackwede, den 31. März 1879
Gez. Dr. K. Möller
Gez. Th. Möller